Schweizerische Nationalbank läutet Ära der Transparenz ein

Philipp Burckhardt, CFA - Fixed Income Strategist and Senior Portfolio Manager
Philipp Burckhardt, CFA
Fixed Income Strategist and Senior Portfolio Manager
Markus Thöny - Head of Swiss Fixed Income
Markus Thöny
Head of Swiss Fixed Income
Schweizerische Nationalbank läutet Ära der Transparenz ein

Kernpunkte.

  • Die Schweizerische Nationalbank liess die Zinsen unverändert, da steigende Preise die Gefahr einer negativen Inflation milderten
  • Wenngleich die Schweiz immer noch unter den hohen Zöllen von US-Präsident Trump leidet, wurde der Zinsschritt allgemein erwartet
  • Die politischen Entscheidungsträger läuten zudem eine Ära grösserer Transparenz ein; damit verringert sich die Wahrscheinlichkeit künftiger Überraschungen.

Schweizer Zinsen trotz Zöllen unverändert

Die Schweizerische Nationalbank (SNB) wartete bei ihrer Sitzung im September kaum mit Überraschungen auf und liess den Leitzins unverändert. Mit 0% liegt der Leitzins der Schweiz bereits deutlich unter neutralem Niveau. Damit hält sich die Zentralbank alle Optionen offen, während das Land versucht, mit den wirtschaftlichen Auswirkungen der Zölle von US-Präsident Trump zurechtzukommen.

Im August belegte der US-Präsident die Schweiz mit einem unerwartet hohen Zollsatz von 39%, der deutlich über den 15% für die Europäische Union lag. Im September kündigte er dann sogar einen Satz von 100% auf pharmazeutische Produkte an. Trotz fortgesetzter Bemühungen der Regierung, eine Senkung dieses Satzes zu erreichen, sah sich die Zentralbank gezwungen, die wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Zölle in ihre Entscheidungsfindung einzubeziehen.

Die Zentralbank räumte ein, dass sich die Zölle auf die Wachstumsaussichten der Schweiz auswirken – in Form von gedämpften Exporten und Investitionen. Sie stellte jedoch fest, dass sich die wirtschaftlichen Folgen bisher in Grenzen halten. Die SNB prognostiziert nach wie vor ein BIP-Wachstum von 1% bis 1,5% im Gesamtjahr 2025. Im Jahr 2026 könnte das Wachstum aber auf etwas unter 1% absinken.

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Angesichts der ohnehin expansiven Zinsposition rechnen wir nicht mit weiteren Massnahmen der SNB zum Schutz des Wachstums. Wir gehen davon aus, dass die wirtschaftlichen Auswirkungen der hohen US-Zölle verkraftbar bleiben. Inwieweit sie die einzelnen Sektoren belasten – insbesondere die Uhrenindustrie und Hersteller medizinischer Geräte –, ist jedoch aufmerksam zu beobachten.

Unserer Ansicht nach ist das Thema Zölle eher eine politische Angelegenheit. Um die Wirtschaft zu schützen, könnte die Regierung weitere politische Hebel betätigen, nachdem sie bereits das Arbeitsgesetz gelockert hat. Damit will sie den betroffenen Branchen etwas mehr Beschäftigungsflexibilität geben, um den Zollschock zu überwinden.

Deflationsgefahr abgewandt

Im Gegensatz zur geldpolitischen Sitzung vom Juni, als die negative Inflation einer der entscheidenden Faktoren für die Zinssenkung war, verliefen die letzten Monate etwas ermutigender für die SNB. Die Preise haben im Berichtsquartal leicht angezogen, sodass die Inflationsrate von -0,1% im Mai auf 0,2% im August gestiegen ist. Die Zentralbank äusserte sich zuversichtlich, dass die Inflation während ihres gesamten Prognosehorizonts im Bereich der Preisstabilität verharren wird.

Abbildung 1. Inflationsindikatoren und bedingte Inflationsprognose für die Schweiz1  


Der Schweizer Franken war in den letzten drei Monaten ebenfalls weniger volatil als im ersten Halbjahr. Ein weiterer Grund für die SNB, eine Pause einzulegen, bevor sie erneut Veränderungen an der Geldpolitik vornimmt. Da die jüngste Zinsentscheidung im Wesentlichen eskomptiert war, rechnen wir nicht mit einer deutlichen Reaktion der Schweizer Währung.

Abbildung 2. Wechselkurse Schweiz2
 

Deutliche Veränderung der Kommunikationsstrategie

Seit Martin Schlegel die Position des SNB-Vorsitzenden übernommen hat, zeigte er sich überzeugt, dass die Hürde für Negativzinsen relativ hoch sein sollte, um negative Nebeneffekte zu vermeiden. Im Juni stellte er fest: „Negativzinsen haben auch nachteilige Auswirkungen, beispielsweise auf Sparer, Banken, Pensionsfonds – das ist uns sehr wohl bewusst. Wenn wir die Zinsen ins Minus drücken müssten, wären die Hürden sicherlich höher als bei einer ‚normalen‘ Zinssenkung im positiven Bereich.“3

Aufgrund dieser deutlichen Signale war die geldpolitische Entscheidung im September weithin erwartet worden. Der neue Vorsitzende unternahm zudem einen weiteren Schritt zur Verbesserung der Transparenz: Er kündigte an, die SNB werde künftig eine Zusammenfassung ihrer geldpolitischen Diskussionen publizieren. Dieser Schritt liegt im internationalen Trend und sollte zu einem besseren Verständnis des Entscheidungsfindungsprozesses beitragen.

Zuvor hatte Schlegel darauf hingewiesen, dass „die Kommunikation hilft, die Zinserwartungen der Märkte zu lenken und auf diese Weise zur Preisstabilität beizutragen.“4 Wir fragen uns jedoch, ob diese erhöhte Transparenz den Effekt künftiger geldpolitischer Ankündigungen mindern könnte. Denn sie verringert das Überraschungselement, mit dem sein Vorgänger gelegentlich gute Ergebnisse erzielen konnte.

Mit Blick auf die Zukunft gehen wir nicht davon aus, dass die Geldpolitik der Zentralbank in negatives Terrain vordringen wird. Wenn jedoch Mitte Oktober das Protokoll zur Sitzung vom September veröffentlicht wird, könnten wir weitere Einblicke gewinnen, welche Umstände dies möglich machen könnten.

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