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COP26: Welche Fortschritte wurden erzielt?
Gut zu wissen
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Im Rampenlicht – und mit der Last der Welt auf den Schultern
Im Rampenlicht der COP26 nutzen die Politiker in ihren Ansprachen Zitate aus der Pop-Kultur, um die Dringlichkeit der Anliegen zu unterstreichen.
Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, richtete einen nachdrücklichen Appel an die Teilnehmenden: „Sagen Sie ja zu Ambitionen und Solidarität! Sagen Sie ja zur Sicherung unserer Zukunft und zur Rettung der Menschheit!“ Und nicht, wie Mark Renton in Trainspotting, zur selbstzerstörerischen Sucht, in diesem Fall nach fossilen Brennstoffen. Der britische Premierminister Boris Johnson forderte die Zuhörerschaft auf, wie James Bond zu handeln und endlich die „Klimavernichtungsmaschine“ abzustellen.
Diesem Tribut an die Filmindustrie des Gastlandes folgten ehrgeizige Zusagen und kritische Reden. Boris Johnson hatte versprochen, Ziele für die vier wesentlichen Aspekte des Klimaschutzes zu setzen: „Kohle, Autos, Geld und Bäume“. Dieser Slogan widerspiegelt die Agenda des Gipfels. Hier stellen wir die Frage: Was wurde in dieser Hinsicht bislang erreicht?
Die von Grossbritannien angeführte Powering Past Coal Allianz aus Ländern, Städten, Regionen und Organisationen gab bekannt, den Ausstieg aus Kohle in den 2030er-Jahren für Industriestaaten und in den 2040ern für ärmere Länder zu planen. Die Gruppe will auch alle Investitionen in neue Kohlekraftwerke im In- und Ausland beenden und den weltweiten Ausstieg aus Kohle bis 2050 schaffen.
Da mehr als 40 Länder den Pakt geschlossen haben – auch stark von Kohle abhängige Staaten wie Polen, Indonesien und Vietnam – könnte die Initiative in 20 Ländern Kohlekraftwerke mit einer Kapazität von 40 GW stilllegen. Aber die Allianz braucht mehr Mitglieder. Die Nationen mit dem höchsten Kohleverbrauch – Australien, Indien, China und auch die USA – haben sich ihr nicht angeschlossen.
Mehr als USD 20 Mrd. sollen bereitgestellt werden, um diesen Ausstieg zu ermöglichen, darunter USD 10 Mrd. an philanthropischen Finanzierungen für die Einführung sauberer Technologien in Entwicklungsländern. Dazu kommen USD 8,5 Mrd. für die South Africa Just Energy Transition Partnership. Diese multilaterale Initiative könnte weiteren Entwicklungsländern, die aus fossilen Brennstoffen aussteigen wollen, als Vorbild dienen.
Die Asiatische Entwicklungsbank lancierte in Indonesien, den Philippinen und Vietnam einen USD 2,5 Mrd. schweren Pilotfonds zum Erwerb von Kohlekraftwerken, um die Anlagen mithilfe günstiger Kredite früher stillzulegen als geplant. Kritiker bemängeln jedoch, dass diese Akquisitionen einige Kohleproduzenten verleiten könnten, Anlagen in Betrieb zu nehmen oder auszubauen, um aufgekauft zu werden.
Die im April lancierte und an der COP26 beworbene Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) umfasst 450 Banken, Versicherer und Vermögensverwalter in 45 Ländern, welche die Portfolioemissionen aus einem Gesamtvermögen von USD 130 Bio. auf Netto-Null senken wollen. Dazu zählen stark diversifizierte Portfolios, in denen Allianz-Mitglieder auch die Unternehmen, in die sie investieren, anhalten, bis 2050 das Netto-Null-Ziel umzusetzen1. Diese Billionen-Dollar-Zusagen im Rahmen der GFANZ sind jedoch mit Vorsicht zu betrachten, da sie Doppelzählungen umfassen, d. h. sie umfassen sowohl die Zusagen der Eigentümer der Vermögen als auch jene der Fondsmanager, die diese Vermögen verwalten.
Zudem repräsentiert die GFANZ keine Investitionen in neue Klimalösungen, auf die ein deutlich geringerer Vermögensanteil entfällt. Die Internationale Energieagentur (IEA) schätzt, dass bis 2030 knapp USD 5 Bio. allein in die Energiesysteme investiert werden müssen. Dazu zählen auch der Ausbau der erneuerbaren Energien und die Transformation von Verkehr, Industrie und Gebäuden. Die GFANZ füllt diese Lücke zwar nicht, zeigt jedoch, dass das Finanzwesen die Risiken und Chancen des Klimaschutzes in Bezug auf Energiewende, physische Gefahren und Haftung erkannt hat, da sie für Anleger wesentlich sind.
Im Rahmen des Pariser Klimagipfels 2015 versprachen die Industriestaaten dem globalen Süden bis 2020 USD 100 Mrd. für den Klimaschutz. Sechs Jahre später stellen wir fest, dass dieses Ziel zum Verdruss der Entwicklungsländer verfehlt und um drei Jahre hinausgeschoben wurde. Trotz der Fortschritte in vielen Bereichen monierten die Regierungs- und Staatschefs der Entwicklungsländer anlässlich der COP36 diese Trägheit: „Bevor Sie neue Zusagen machen, sollten Sie Ihre bestehenden Versprechen einlösen“, so Uhuru Kenyatta, der Präsident von Kenia.
Angesichts ihrer schwierigen Lage fordern die Schwellenländer nun Klimafinanzierungen von USD 1,3 Bio. pro Jahr, mehr als das Zehnfache des Betrags, den die Industriestaaten bislang nicht aufbringen konnten. Dieser Punkt dürfte in der kommenden Woche zum Knackpunkt der COP-Verhandlungen werden.
Quellen
1 Lombard Odier Investment Managers unterzeichnete die Net Zero Asset Managers Initiative, die zur GFANZ gehört.
Die Entwaldung ist seit Langem ein komplexes Problem. Wälder bergen eine grosse biologische Vielfalt und dienen als natürliche Kohlendioxidsenke. Die Abholzung mit dem Ziel, Holzprodukte herzustellen oder den Boden für die Landwirtschaft zu nutzen, ist jedoch für die lokalen Populationen lebenswichtig. Auch für die Entwicklung der Wirtschaft dieser Länder sind solche Tätigkeiten wesentlich.
An der COP26 versprachen 110 Länder, darunter Kanada, Brasilien, Russland, China und Indonesien, die zusammen mehr als 85% der Waldflächen weltweit besitzen, der Entwaldung und Landdegradation bis 2030 ein Ende zu setzen und sie umzukehren. Dieses Engagement ist eigentlich eine Wiederholung der Erklärung zum Schutz der Wälder am New Yorker Klimagipfel im Jahr 2014, sollte aber diesmal besser eingehalten werden, weil es drei neue Bereiche umfasst:
- US 12 Mrd. in Form von ausländischen Entwicklungsfinanzierungen, um den Ländern zu helfen, ihre Wälder zu schützen und aufzuforsten, und weitere USD 1,7 Mrd. von Staaten und philanthropischen Gruppen zur Wahrung der Rechte der indigenen Populationen.
- Die neue, anlässlich der COP2 unterzeichnete Forests, Agriculture and Commodity Trade Initiative vereint 28 Staaten, die 75% des Welthandels in Wälder bedrohenden Rohstoffen darstellen und sich für nachhaltige Geschäftspraktiken zum Schutz der Wälder einsetzen. Dazu gehören auch die Förderung von Kleinbauern und transparentere Lieferketten.
- Die Unterstützung durch 30 Finanzinstitutionen – darunter Lombard Odier – mit einem Gesamtvermögen von USD 8,7 Bio., die Investitionen in waldzerstörende Tätigkeiten identifizieren und ausschliessen wollen. So soll Unternehmen, die sich nicht an die Verpflichtungen halten, der Zugang zu Kapital und Absatzmärkten erschwert werden.
Kritiker stellen die Glaubwürdigkeit der Regierungen in einigen Staaten, die am meisten unter der Entwaldung leiden, in Frage. Zudem gibt es weitere Herausforderungen, etwa Rechenschaftsprozesse, Überprüfung und Datenverfügbarkeit. Dennoch könnte die wiederbelebte Zusage den freiwilligen CO2-Kompensationsmarkt ankurbeln: vermiedene Entwaldung, (Wieder-)Aufforstung und eine nachhaltigere Waldbewirtschaftung zählen wohl zu den günstigsten und wirksamsten Hebeln, um die Netto-Null-Ziele zu erreichen und auf eine Wirtschaft mit positiven Ergebnissen für die Natur umzustellen.
Vierräder standen bislang nicht im Mittelpunkt der COP26. Alok Sharma dürfte aber als Vorsitzender der COP26 darauf drängen, den Verkauf neuer Benziner und Dieselfahrzeuge bis 2035 einzustellen. Diese Zusage entspricht der aktuellen Verpflichtung Grossbritanniens.
Die Breakthrough Energy von Bill Gates schliesst im Rahmen des Catalyst-Progamms emsig Partnerschaften mit Staaten auf der ganzen Welt, um saubere Technologien einzuführen und zu vermarkten, etwa: Wasserstoffantrieb, Kohlendioxidabscheidung und -speicherung, nachhaltige Treibstoffe für die Luftfahrt und langfristige Energiespeicherung.
Bislang vereinbarte die Initiative mit der Europäischen Kommission und der Europäischen Investitionsbank, im Zeitraum 2022 bis 2026 USD 1 Mrd. zu investieren. Zudem wurden Kooperationen mit dem amerikanischen Ministerium für Energie, der britischen Regierung und dem Weltwirtschaftsforum geschlossen. Das Catalyst-Progamm deutet darauf hin, dass Bill Gates das Rennen um Netto-Null unter Einsatz öffentlicher Mittel beschleunigen will, um sich einen soliden Stand in der Wirtschaft nach der Energiewende zu sichern.
Davon abgesehen verpflichtet Glasgow Breakthroughs 40 Länder, bis 2030 mehrere Zielen, die dem Pariser Klimaabkommen entsprechen, umzusetzen: Erneuerbare Energieträger sollen in vielen Regionen die billigste Energie und Fahrzeuge mit Null-Emissionen der Standard werden. Zudem muss Fast-Null-Emissionen-Stahl das Produkt der Wahl am Markt und erschwinglicher grüner Wasserstoff weltweit angeboten werden.
Für unser Klima genügen Zusagen nicht
Bevor die Spitzenpolitiker in Glasgow zusammentraten, strebten 80% der Weltwirtschaft Netto-Null-Ziele an oder erwogen entsprechende Massnahmen. Am Klimagipfel wurden die Zusagen ehrgeiziger. Der IEA zufolge könnte die rechtzeitige Umsetzung dieser Zusagen die Erderwärmung auf 1,8 Grad begrenzen, d. h. auf einen Wert, der deutlich unter den vor der COP26 prognostizierten 2,7 Grad liegt.
Das stimmt optimistisch, da sich die ganze Welt erstmals seit der Entstehung der Klimaschutzbewegung mit ihren Zusagen auf eine Erderwärmung von weniger als 2 Grad einigt. Vor diesem Hintergrund wurden die wichtigsten Ziele der COP26 erreicht: Eskalation des COP21-Übereinkommens von Paris auf eine Schwelle von 2 Grad und Bestimmung des ehrgeizigeren Ziels von unter 1,5 Grad.
Aber Taten sind überzeugender als Worte.
Die Zusagen dürfen sich nicht in unerfüllte Träume verwandeln. Das Kleingedruckte in den Vereinbarungen ist noch zu finalisieren, Lücken müssen geschlossen werden. Zudem braucht es ein gemeinsames System, um die Fortschritte zu messen. Die COP26 gilt als die letzte Chance, die Erderwärmung auf unter 1,5 Grad zu halten. Eine weitere Verhandlungswoche dürfte zeigen, ob wir diese Chance ergriffen oder vertan haben.
Wie auch immer das Ergebnis ausfallen wird, wir müssen die Folgen des globalen Klimawandels schultern.
Letzte Woche richtete Lombard Odier die Zero-Hour Sessions der COP26 aus. Hier sehen sie Präsentationen über Anlagen mit dem Schwerpunkt Netto-Null, Natur und Grenzen des Planeten.
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