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Unsere Erde ist am Kipppunkt: Wie kann die Überschreitung der planetarischen Grenzen gestoppt werden?

Unsere Erde ist am Kipppunkt: Wie kann die Überschreitung der planetarischen Grenzen gestoppt werden?

 


 

 

Das müssen Sie wissen

  • Der Klimawandel ist nur eine der neun planetarischen Grenzen, die die Menschheit überschritten hat
  • Da die moderne industrialisierte Wirtschaft die grösste Treibkraft des Wandels auf der Erde ist, stellt der Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft den bedeutendsten wirtschaftlichen Wandel der Geschichte dar
  • Die Notwendigkeit einer nachhaltigen Entwicklung hat zur Folge, dass Umweltfragen in Anlageentscheidungen integriert werden müssen, um die Rendite zu steigern

 

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Investieren zur Wiederherstellung der planetarischen Grenzen

Der Wandel zu einer naturverträglichen Netto-Null-Wirtschaft erfordert eine umfassende Veränderung unserer Wirtschaft. Das Kapital muss so eingesetzt werden, dass es den Klimawandel abmildert oder eine diesbezügliche Anpassung ermöglicht, während gleichzeitig sichergestellt wird, dass die Unternehmen sicher innerhalb unserer planetarischen Grenzen tätig sind.

Die fünfte und letzte der Zero-Hour Sessions konzentrierte sich auf den Einsatz von Kapital in einer Weise, die zur Wiederherstellung der Stabilität unserer Biosphäre beiträgt. Mehrere der neun planetarischen Grenzen, die einen sicheren Handlungsspielraum für die Menschheit und unsere Wirtschaft festlegen sollen, sind überschritten worden oder sind nahe daran, überschritten zu werden.

Gelingt es uns nicht, unsere Lebensweise in diese Grenzen zurückzubringen, könnte die Welt einen katastrophalen Kipppunkt überschreiten.

Hubert Keller, Senior Managing Partner bei Lombard Odier, erläuterte, wie unsere Anlagestrategien und -tätigkeiten darauf ausgerichtet sind, die globale Erwärmung auf 1,5 °C zu begrenzen und wichtige biophysikalische Grenzen einzuhalten. Beispiele hierfür sind die absolute Notwendigkeit, die Entwaldung und den Verlust der Artenvielfalt zu stoppen und die Gesundheit unserer Böden und Wasserwege wiederherzustellen. Denn die Einbeziehung solcher Umweltaspekte in die Anlageprozesse ist für die Erwirtschaftung von Renditen für die Kunden entscheidend.

„Wir versuchen, unsere Kunden dabei zu unterstützen, ihre Portfolios auf das auszurichten, was eine erhebliche Störung des derzeitigen Wirtschaftsmodells darstellen könnte“, so Keller.

Nachdem die Forschung zur Wirtschaftstätigkeit im Rahmenwerk zu den planetarischen Grenzen verankert wurde, ist die Bestimmung der Übergangswege für die einzelnen Sektoren von entscheidender Bedeutung.

„Sobald wir einen besseren Überblick über diese Übergangswege haben, können wir damit beginnen, die Ausrichtung unserer Portfoliounternehmen auf sie zu bewerten.“ 

 

Johan Rockström: Grenzüberschreitungen im Anthropozän

Professor Johan Rockström, Architekt des renommierten Rahmenwerks „Planetarische Grenzen“ und Mitdirektor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, machte das Ausmass des Problems deutlich. Er nannte die wichtigsten Triebkräfte und erklärte, was erforderlich ist, um in Zukunft Widerstandsfähigkeit, Gerechtigkeit und Wohlstand für die Menschheit zu gewährleisten.

„Wir sind in eine völlig neue geologische Epoche eingetreten. Wir verlassen das Holozän und treten über ins Anthropozän. Das bedeutet, dass die moderne, industrialisierte Wirtschaft die grösste Triebkraft hinter dem Wandel auf dem Planeten Erde ist“, so Rockström.

 

„Das System der Erde ist ein komplexes, anpassungsfähiges, sich selbst regulierendes biophysikalisches System. Es hat Kipppunkte und Wechselwirkungen. Wenn man das System also zu weit treibt, läuft man Gefahr, Kipppunkte zu überschreiten – was zu einem sich selbst verstärkenden Abdriften in die falsche Richtung führt.“

Rockström wies darauf hin, dass mehrere planetarische Grenzen überschritten worden sind, darunter das Klima, die Biodiversität, die Landnutzung und die biogeochemischen Kreisläufe.

 

Mark Carney: Finanzierung der Rückkehr in unsere Klimagrenze

Vor dem Hintergrund der Tatsache, dass das Klima zu den planetarischen Grenzen gehört, welche die Menschheit wiederherstellen muss, erläuterte Mark Carney, Finanzberater des britischen Premierministers für die COP26 und UN-Sonderbeauftragter für Klimaschutz und Finanzen, dass die Finanzmittel, die für die Erreichung von 1,5 °C bereitgestellt werden, ausreichend sind.

Über die Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ) sind über USD 130 Billionen an privatem Kapital für die Umstellung der Wirtschaft auf ein Netto-Null-System gebunden.

„Diese Zahl liegt rund 25% über den meisten Schätzungen der Kosten, die der Welt entstehen, um dauerhaft auf den 1,5°C-Pfad zu kommen“, sagte er.

Carney erläuterte weiter, dass nun eine Reihe von Massnahmen erforderlich sind, um den Übergang erfolgreich zu meistern, darunter obligatorische Übergangspläne für grössere Unternehmen, bessere Offenlegungsvorschriften und zukunftsgerichtete Kennzahlen.

„Lombard Odier war bei der Entwicklung von Techniken zur Portfolioausrichtung führend. Diese umfassen unter anderem Kennzahlen für die impliziten Auswirkungen eines Portfolios auf den Temperaturanstieg, um uns zu sagen, ob dieses Portfolio mit den planetarischen Grenzen im Einklang steht. Wir müssen diesen Ansatz rasch durchsetzen, und wir werden die GFANZ als Mechanismus für die Durchsetzung und Anwendung dieser Techniken nutzen“, so Carney.

Er betonte zudem die Bedeutung der Entwicklung von Märkten für freiwillige Kohlenstoffkompensationen.

„Die überwiegende Mehrheit dieser Kompensationen werden naturbasierte Lösungen sein, die Lösungen für die gefährdete biologische Vielfalt bieten und dazu beitragen, die alarmierende Entwicklung, bei der – wie im Fall des brasilianischen Regenwalds – Kohlenstoffsenken zu Nettoemittenten werden, aufzuhalten. Wir müssen Geld aufwenden, um solche Entwicklungen zu stoppen und die Natur in diesen Ländern auf die richtige Weise wiederherzustellen.“

 

David Blood: Schwer zu dekarbonisierende Industrien und Entwicklungsländer brauchen Klimakapital

David Blood, Mitbegründer und Geschäftsführer von Generation Investment Management, wies darauf hin, dass die Welt am Rande des bedeutendsten wirtschaftlichen Wandels in der Geschichte stehe und dass klimabezogene Anlageüberlegungen nun ein wesentlicher Bestandteil der treuhänderischen Pflichten seien.

.Klimagerechtes Investieren ist jetzt Teil der treuhänderischen Verantwortung. Wir müssen über die Auswirkungen auf das Klima ebenso nachdenken wie über Risiko und Rendite.

 

„Jede Finanztransaktion muss die Auswirkungen auf das Klima berücksichtigen, und zwar im Rahmen der Kapitalallokation. Klimagerechtes Investieren ist jetzt Teil der treuhänderischen Verantwortung. Wir müssen über die Auswirkungen auf das Klima ebenso nachdenken wie über Risiko und Rendite“, erklärte er.

Weiter betonte er, wie wichtig es ist, dass die Kapitalallokation sowohl auf schwer zu dekarbonisierende Sektoren als auch auf die Entwicklungsländer ausgerichtet ist.

„Wenn wir über die Kapitalallokation nachdenken, müssen wir uns auf die schwer zu dekarbonisierenden Sektoren wie Zement konzentrieren. Sie erhalten nicht das Kapital, das sie benötigen, ebenso wenig wie die Entwicklungsländer. Wir müssen wahrscheinlich rund 70% des Kapitals für schwer zu dekarbonisierende Sektoren und Schwellenländer bereitstellen.“

 

Systemiq: Lebensmittelsysteme verändern, um Grenzen einzuhalten

Jeremy Oppenheim, Gründer und Senior Partner von Systemiq, einem auf wirtschaftliche Nachhaltigkeit spezialisierten Systemtransformationsunternehmen, das unabhängig das Nachhaltigkeitsresearch von Lombard Odier bewertet, erklärte, wie wichtig es ist, sich im Zusammenhang mit den planetarischen Grenzen auf Reformen im Lebensmittel- und Landwirtschaftssektor zu konzentrieren.

„Der Lebensmittel- und Landwirtschaftssektor zeigt, wie wir dieses Problem angehen müssen. Wenn man die planetarischen Grenzen einhalten will, gibt es keinen wichtigeren Sektor als die Landwirtschaft. Sei es unter dem Gesichtspunkt der Emissionen, der Entwaldung, des Wasserverbrauchs oder wenn es um Stickstoff und Methan geht. Dieser Sektor deckt auf lokaler und globaler Ebene jede einzelne der planetarischen Grenzen ab“, so Oppenheim.

Ernährung und Landwirtschaft sind der grösste Treiber für den Verlust von Naturkapital und die Überschreitung der planetarischen Grenzen.

 

„Ernährung und Landwirtschaft sind der grösste Treiber für den Verlust von Naturkapital und die Überschreitung der planetarischen Grenzen. Dennoch sind wir meilenweit von der dringend benötigten Roadmap für den Sektor entfernt. Wir kennen die Komponenten, die dazu nötig sind. Es beginnt mit einem Wandel der Konsumentennachfrage. Und von dort aus geht es weiter zu tiefgreifenden Veränderungen darin, wie wir das natürliche Kapital des Planeten nutzen. Dann geht es um die Art und Weise, wie wir die Interaktion zwischen Landwirtschaft, Wäldern und Ozeanen gestalten. Wir müssen auch Innovationen vorantreiben, wie z.B. bei alternativen Proteinen, und wir brauchen dramatische Verbesserungen in Bezug auf Lebensmittelverluste und -verschwendung. Es besteht die Hoffnung, dass wir in den nächsten zehn Jahren eine drastische Verbesserung erreichen können.“

Faith Ward, Chief Responsible Investment Officer der Brunel Pension Partnership und Vorsitzende der Institutional Investor Group on Climate Change, betonte die Bedeutung zukunftsgerichteter Messgrössen für die Portfolioausrichtung.

„Die Ausrichtung des Portfolios und das Verständnis dafür, wohin sich diese Unternehmen entwickeln, ist die wichtigste Messgrösse überhaupt. Viele der uns zur Verfügung stehenden Messgrössen sind eher rückwärtsgewandt, was diese zukunftsgerichteten Messgrössen so wichtig macht.“

 

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