Die Anpassung an höhere Temperaturen und die Verringerung des Risikos katastrophaler Umweltschäden erfordern enorme gemeinsame Anstrengungen aller Branchen. Das gilt auch für diejenigen Branchen, in denen die Emissionsreduzierung schwieriger ist, die jedoch für das Wirtschaftswachstum nach wie vor von entscheidender Bedeutung sind.
Um traditionell CO2-intensive Branchen wie Verkehr, Energie, Landwirtschaft und Industrie auf das Überleben in einer zunehmend CO2-neutralen Welt vorzubereiten, sind zur Erreichung der Ziele des Pariser Abkommens erhebliche zusätzliche Investitionen erforderlich. Ein kategorischer Ausschluss dieser Branchen zur Reduzierung des CO2-Fussabdrucks eines Portfolios wird unseres Erachtens dem wissenschaftlichen, sozialen, wirtschaftlichen und finanziellen Anspruch nicht gerecht, auch in diesen kritischen Sektoren Umweltverbesserungen anzustreben und würde es daher erschweren, die finanziellen Ziele von Investoren langfristig zu erreichen.
Um dem Anspruch einer CO2-neutralen Wirtschaft nachzukommen, muss man sich diesen schwer zu beeinflussenden Sektoren grundlegend zuwenden. Ohne sie kann der Übergang zur CO2-freien Wirtschaft nicht gelingen.
Treiber des Übergangs
Die Wende hin zu einer Wirtschaft, die CO2-arm und widerstandsfähiger gegen Klimaherausforderungen ist, hat längst begonnen. Getrieben wird sie von mehreren wichtigen und sich selbst verstärkenden Dynamiken. Während die internationale Politik derzeit weit davon entfernt ist, die Weichenstellung für eine CO2-Neutralität im Jahr 2050 zu schaffen, sind viele Länder bereits auf dieses Ziel ausgerichtet oder diskutieren es. Einige Regionen gehen in Führung, wie die EU, die Ende 2019 ihren „Green Deal“ vorgelegt hat; sie will bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent weltweit werden. Selbst da, wo man auf Ebene der Staatsregierungen im Hintertreffen ist (wie zum Beispiel in den USA), richten viele Städte und Unternehmen ihre Ziele an der CO2-Neutralität aus.
Zugleich werden Marktkräfte als Treiber der Wende wichtiger als die Politik, da Innovation und zunehmende Skaleneffekte die wirtschaftlichen Realitäten rasch verändern. Die Wirtschaft ist jetzt Motor des Übergangs, angetrieben von positiven Rückkopplungseffekten durch fallende Kosten und immer wirtschaftlichere CO2-arme Lösungen, etwa bei den Erneuerbaren Energien. Verbraucherpräferenzen ändern sich und lenken die Kaufkraft hin zu Marken, Lebensmitteln und Lebensstilen mit mehr Nachhaltigkeit. Für diejenigen Unternehmen, die nicht auf der Hut sind, steigen die Reputationsrisiken.
Auch Investoren, die Billionen von US-Dollar in die Klimawende gesteckt haben, drängen Unternehmen, Strategien für eine Welt mit weniger CO2-Emissionen und eine klimageschädigte Welt zu verfolgen. Das internationale Gremium von Rechnungslegungsexperten International Accounting Standards Board (IASB)3 hat sich 2019 den über 60 öffentlichen Institutionen, Zentralbanken und Aufsichtsbehörden angeschlossen, um klimabedingte finanzielle Risiken zu berücksichtigen4. Das IASB stellte fest, dass Klimarisiken für die bilanzierten Aktiva und Passiva vieler Unternehmen und damit für künftige Unternehmensgewinne entscheidend sind. Das zeigt, wie wichtig es ist, diese Risiken zu quantifizieren und offenzulegen.
Zusammengenommen schaffen diese Kräfte enorme Wachstumschancen für diejenigen Unternehmen aus verschiedenen Sektoren, die sich für einen Übergang stark machen – entweder indem sie Lösungen für die Anpassung an eine klimageschädigte Welt mit minimiertem CO2-Ausstoss bereitstellen oder sich zu ihrem Vorteil im Wettbewerb neu positionieren.
Diejenigen an der Spitze der Klimawende dürften ihren Marktanteil steigern können und sich besser entwickeln als schlecht positionierte Mitbewerber. Diejenigen, die ihren Kopf in den Sand stecken und sich nicht anpassen, könnten von Kunden, Kapital und Talenten abgeschnitten werden – und in ihrer Existenz bedroht sein.