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Kräftiger Rückenwind für Vermögenswerte in Schwellenländern
Warum lohnen sich Investments in den Schwellenländern?
Die weltweit lockere Geldpolitik hat zur Erholung der Industrieländer seit der Finanzkrise von 2008 beigetragen. Auf der fiskalischen Seite gaben die Steuersenkungen in den USA im letzten Jahr der Wirtschaft zusätzlichen Auftrieb. Diese fiskalischen Stimuli nehmen nun ab. Da gleichzeitig auch die expansive Geldpolitik voraussichtlich (allmählich) zurückgefahren wird, könnte sich das Wachstum in den Industrieländern verlangsamen, sodass 2019 mit einer Abkühlung im Vergleich zum Aufschwung im Jahr 2018 zu rechnen ist.
Vor dem Hintergrund einer lockeren Geldpolitik und des allmählichen Wegfalls fiskalischer Stimuli in den USA erscheinen die Bewertungen von US-Aktien überzogen, während die Märkte in Europa angesichts politischer Instabilität (Brexit, Verschuldung Italiens, Merkel-Nachfolge) unter Druck stehen.
Investoren suchen daher nach Anlagealternativen. Die Zuflüsse in Höhe von 23,1 Mrd. US-Dollar in Schwellenländerfonds, die in „günstigere“ Aktien und Anleihen mit Renditeaufschlag investieren, im Januar bestätigen dies1. Die westliche Welt bietet aus unserer Sicht nach wie vor vielversprechende Anlagegelegenheiten. Die nachlassenden Impulse in diesen Märkten könnten die Anleger jedoch dazu veranlassen, ihre Allokationen in weniger entwickelten Volkswirtschaften, in denen sich die Aussichten verbessern, zu erhöhen.
Wird sich das Wachstum in den Schwellenländern fortsetzen, und wie können Anleger von einer solchen Entwicklung profitieren?
Wir rechnen kurzfristig nicht mit einer Rezession der Weltwirtschaft, erwarten aber, dass sich die Anleger auf ein volatileres Umfeld einstellen müssen. Die USA könnten 2019 hinter den globalen Märkten zurückbleiben, während die Schwellenländer in den Fokus der Anleger rücken und sich überdurchschnittlich entwickeln könnten. Aufstrebende Volkswirtschaften bieten aus unserer Sicht ein enormes Wachstumspotenzial und hervorragende Anlagechancen.
Anlagen in Schwellenländern sollten aus unserer Sicht strukturiert erfolgen. Dies erfordert eine dementsprechende Allokation in Anleihen, Aktien und Rohstoffen mit Fokus auf das Währungsengagement. Dieser Ansatz führt zu einer breiten Diversifikation und einem Anlagevehikel, das eine Partizipation am Wachstum ermöglicht und den konjunkturellen Schwankungen standhält.
Wie haben sich die Schwellenmärkte in der jüngeren Vergangenheit entwickelt?
Die Situation in den Schwellenländern hat sich in den letzten 30 Jahren fundamental geändert. Sie sind diversifizierter und weniger volatil. Der MSCI Emerging Market Index wurde 1987 aufgelegt und enthielt zehn Länder, wobei China, Südkorea und Indien nicht Bestandteil des Index waren. Er machte rund 1% der globalen Marktkapitalisierung aus. Die Schwergewichte des Index waren damals Malaysia, Brasilien und Thailand. Heute, 30 Jahre später, hat sich die Zahl auf 24 Länder erhöht und der Index macht 12% der globalen Marktkapitalisierung aus, wobei mehr als die Hälfte auf China, Südkorea und Indien entfallen. Die Schwellenländer erwirtschaften mehr als die Hälfte des weltweiten BIP (nach KKP). Früher dominierten Rohstoffexporte, doch heute haben sich die Schwellenländer zu technologieorientierten Volkswirtschaften entwickelt, die Innovationen vorantreiben und dank einer wachsenden Mittelschicht vermehrt Binnenmarktchancen bieten. Da sich ihre Wirtschaft weiterentwickelt und sie besseren Zugang zu Kapital erhalten, werden auch die Anlagemöglichkeiten zunehmen.
Sind Schwellenländer volatiler als Industrieländer?
Schwellenländer gelten seit vielen Jahren als sehr volatil. Von 1990 bis vor etwa vier oder fünf Jahren waren die Schwellenmärkte in der Tat volatiler als die Märkte der Industrieländer. Zuletzt war die Aktienvolatilität in den Schwellenländern und in Europa jedoch in etwa gleich hoch. Die Währungen einiger Schwellenländer – beispielsweise Argentiniens oder der Türkei – waren extrem volatil. Die überwiegende Mehrheit der Schwellenländerwährungen, insbesondere einige grössere wie der RMB oder der koreanische Won wiesen in den letzten Jahren hingegen eine deutlich geringere Volatilität auf. Darüber sollten sich Anleger im Klaren sein und einen strukturierten Ansatz wählen, was das Währungsengagement und die Absicherung von Währungsrisiken betrifft.
Wie wichtig ist Nachhaltigkeit?
Bei Lombard Odier Investment Managers gehen wir davon aus, dass Nachhaltigkeit alle Anlagebereiche betrifft und die grössten Anlagechancen der neueren Geschichte bietet. Megatrends wie demographischer Wandel, Erderwärmung, natürliche Ressourcen, Digitalisierung und Ungleichheit werden aus unserer Sicht weiterhin für Umwälzungen sorgen und unsere Volkswirtschaften fundamental verändern. Interessant ist, dass die Schwellenländer und vor allem die Frontier Markets einige Entwicklungsstufen übersprungen haben. So nimmt Elektrizität eine zentrale Rolle in der sozioökonomischen Entwicklung vieler dieser Länder ein. Ohne eine bestehende Infrastruktur werden in vielen Gemeinden Technologien in einer Vielzahl von Sektoren (z. B. Bankwesen) entwickelt, wobei ein deutlich höheres Wachstum als beim Grossteil der Industrieländer erzielt wird.
Mit dem “Internet der Dinge“ wird sich der Zugang zu grundlegenden Dienstleistungen wie Bildung weiter verbessern. Indien ist in diesem Zusammenhang besonders interessant. Denn die Regierung setzt auf digitale Lösungen für die Erhebung von Zensusdaten, die Einziehung von Steuern und die Verteilung von Sozialleistungen. Dies hat zu massiven Infrastrukturinvestitionen und einem starken Wettbewerb auf einem Markt mit einer Bevölkerung von 1,2 Milliarden Menschen um die Bereitstellung von Geräten zu erschwinglichen Preisen geführt.
Die Schwellenländer bieten angesichts dieser strukturellen Veränderungen aus unserer Sicht nachhaltige Anlagechancen.
source.
1J.P.Morgan, EM flows, Global EM Research, 31 Januar 2019.