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Was sagen uns der Schweizer Franken und der Immobiliensektor über die Schweizer Wirtschaft?

Was sagen uns der Schweizer Franken und der Immobiliensektor über die Schweizer Wirtschaft?
Markus Thöny - Head of Swiss Fixed Income

Markus Thöny

Head of Swiss Fixed Income
Philipp Burckhardt, CFA - Fixed Income Strategist and Portfolio Manager

Philipp Burckhardt, CFA

Fixed Income Strategist and Portfolio Manager

Die Weltwirtschaft ist im Spannungsfeld zwischen Inflation, Wachstum und dem sich abzeichnenden Ende der geldpolitischen Massnahmen noch unklarer geworden. Als kleine, offene und exportabhängige Volkswirtschaft wurde die Schweiz schon immer sowohl durch den globalen Kontext als auch durch inländische Faktoren geleitet.

In welche Richtung könnte die Schweizer Wirtschaft als nächstes steuern und wie wichtig sind die Schlüsselkanäle „Währung“ und „Immobilien“ für die Geldpolitik?

 

Globale Dynamik: Inflation und Wachstum

Der starke Anstieg der Inflation in den USA hat die US-Notenbank zu einer restriktiveren Haltung veranlasst, was wiederum an den Märkten Sorgen mit Blick auf das Wachstum hervorrief. Die weltweit zunehmende Inflationstendenz ist auf die anhaltenden Unterbrechungen der Lieferketten, die starke Nachfrage im Anschluss an die Pandemie sowie Anzeichen für Lohndruck zurückzuführen. Gleichzeitig sind die Anleger jedoch besorgt, dass das Wachstum nachlässt, weil die Zentralbanken die lockere Geldpolitik unter Umständen zu früh und zu entschieden beenden und damit die Konjunktur zu früh bremsen.

Die jüngste Abflachung der Renditekurve von US-Staatsanleihen deutet auf kurzfristig steigende Zinsen hin, da die Zentralbanken die Inflation bekämpfen, während die tieferen langfristigen Zinsen die Erwartung einer Wachstumsverlangsamung oder sogar einer Rezession widerspiegeln. Zugleich hat sich eine gewisse transatlantische Divergenz ergeben, da sich das Auslaufen der US-Konjunkturmassnahmen abzeichnet, während die Europäische Zentralbank (EZB) von einer möglicherweise „verfrühten“ Straffung ihrer Geldpolitik absieht.

Die immer häufiger gestellte Schlüsselfrage lautet: Wird das Wachstum nachhaltig sein?

 

Wir stellen fest, dass die Realwirtschaft immer enger mit den Finanzmärkten verknüpft ist und dass eine höhere Verschuldung die Sensitivität gegenüber Zinserhöhungen verstärkt. Dies bedeutet, dass mögliche Zinserhöhungen, selbst wenn sie nur in kleinen Schritten erfolgen oder erwartet werden, bedeutendere Auswirkungen auf die Märkte und die Realwirtschaft haben könnten.

Die immer häufiger gestellte Schlüsselfrage lautet: Wird das Wachstum nachhaltig sein? Wir gehen davon aus, dass sich die kurzfristigen globalen Wachstumsprognosen bewahrheiten werden, weisen aber darauf hin, dass das Wachstum nur dann von Dauer sein wird, wenn die Kreditaufnahme oder die Investitionsausgaben von Unternehmen oder Regierungen dauerhaft steigen. Derzeit geben die Verbraucher immer noch ihre Ersparnisse aus, die sich bei ihnen während der Pandemie angehäuft haben. Es bleibt abzuwarten, ob diese Ausgaben einen einmaligen Kurzzeiteffekt oder eher eine dauerhafte Verhaltensänderung widerspiegeln. Zum anderen strukturieren die Unternehmen ihre Investitionsausgaben so, dass sie Kapital an die Anleger zurückzahlen können, was das Wachstum nicht so stark ankurbelt wie Investitionen von Gewinnen in die Wirtschaft.  

 

Konjunkturerholung in der Schweiz

Die Schweizer Wirtschaft hat eine kräftige Konjunkturerholung erlebt, wie sich an den soliden Konjunkturindikatoren ablesen lässt. So wuchs die Wirtschaft im 2. Quartal um 1,8% gegenüber dem Vorquartal, und die Schweizerische Nationalbank (SNB) rechnet für 2021 weiterhin mit einem BIP-Wachstum von rund 3%1, womit das Niveau der Zeit vor Covid in der 2. Jahreshälfte wieder erreicht würde. Und die Zuversicht ist gross, wie die Indikatoren zeigen, z. B. der KOF-Geschäftsklimaindex und die Einkaufsmanagerindizes (PMI). Sie sind nach wie vor stabil und liegen über den langfristigen Durchschnittswerten, auch wenn sie sich unter den Jahreshöchstständen bewegen.

Wie aus Abbildung 1 hervorgeht, hat der Schweizer PMI den Anstieg in den wichtigsten Wirtschaftsräumen (wie auch die PMIs der Handelspartner) übertroffen.

 

Abbildung 1. PMI-Vergleich

 

 

Quelle: LOIM, Bloomberg. Bezieht sich auf den 3-Monats-Durchschnitt des Einkaufmanagerindex (PMI).

 

Allgemein geht die SNB davon aus, dass sich die solide Wachstumsdynamik in den kommenden Quartalen fortsetzen wird, und sie ist weiterhin bereit, bei Bedarf am Devisenmarkt zu intervenieren, um dem Aufwertungsdruck auf den hoch bewerteten Schweizer Franken entgegenzuwirken und zu versuchen, die Wettbewerbsfähigkeit des Exportsektors zu erhalten. Interventionen an den Devisenmärkten sind ein wichtiger Pfeiler der sehr expansiven Politik der SNB. Damit will sie die Stärke des Frankens begrenzen, welche die Ausfuhren blockiert.

 

 

Wir erwarten nun, dass die Rolle der Währung als Wachstumskanal in den Vordergrund rücken wird.

 

Währung und Immobilien

Zwei relevante Unterströmungen am Schweizer Markt behalten wir derzeit im Auge: Währung und Immobilien. Der Druck, den Schweizer Franken als „hoch bewertet“ zu bezeichnen, hat unseres Erachtens nachgelassen. Trotz der auf breiter Basis zu beobachtenden jüngsten EUR-Schwäche zeigen einige Währungsmodelle geringere Abweichungen vom fairen Wert, und die Interventionen am Devisenmarkt werden nicht unbedingt als ausgeprägt beurteilt.

Könnte die SNB angesichts der ansehnlichen Konjunkturerholung eine relative Aufwertung der Währung in Betracht ziehen, um das Wachstum sanft zu dämpfen? Damit bliebe mehr Zeit, bis eine Verbesserung der Aussichten in der Eurozone eintritt, sodass die EZB bei Änderungen der Geldpolitik vorangehen könnte und der SNB eine Atempause vergönnt wäre, bevor sie mit dem Herunterfahren ihrer sehr expansiven Politik beginnen müsste.

Zwei relevante Unterströmungen am Schweizer Markt behalten wir derzeit im Auge: Währung und Immobilien.

 

Die ungebrochene Nachfrage nach Wohnimmobilien hat Befürchtungen, die Inflation könnte sich weltweit als durchaus hartnäckig erweisen, verstärkt und ist auch in der Schweiz zu beobachten. Die SNB verwies warnend darauf, dass die Hypothekargeschäfte und die Preise für Wohnimmobilien in den letzten Quartalen stark gestiegen sind, und unterstrich dabei die zunehmende „Anfälligkeit“ des Hypotheken- und Immobilienmarktes.

Die SNB setzt den antizyklischen Kapitalpuffer ein, um zu verhindern, dass die Banken zu freizügig Immobilienkredite vergeben, und um den Immobilienmarkt zu entschleunigen. Der Puffer, der die Banken dazu verpflichtet, bei Hypothekarkrediten für Wohnimmobilien zusätzliche Eigenmittel zu halten, wurde zu Beginn der Pandemie deaktiviert, um die Kreditvergabe zu stimulieren. Die SNB prüft regelmässig, ob es notwendig ist, die Reaktivierung des Puffers zu beantragen.

Die Aufhebung des Puffers im Jahr 2020 trug zwar zur Erholung bei, konnte aber unserer Überzeugung nach einen Anstieg der Immobilienpreise nicht verhindern. Da die Bankbilanzen derzeit in robuster Verfassung sind, erwarten wir, dass die SNB die Wiedereinführung des Puffers beantragen wird, zumal der Druck auf den Wohnungsmarkt seit einiger Zeit anhält. Auf diese Weise könnte die SNB eine potenzielle Ursache für die anhaltende Inflation in den Griff bekommen.

 

Fazit

Der geldpolitische Status quo mag kurzfristig Bestand haben, doch hat die Unsicherheit über die Inflations- und Wachstumsaussichten deutlich zugenommen, was zu einer grösseren Streuung der möglichen Ergebnisse führt. Die Covid-Fälle nehmen in Europa wieder zu, was die Aussichten weiter eintrübt. Dieser unsichere Kontext dürfte weiterhin Unklarheit mit sich bringen und möglicherweise sogar die Diskrepanzen zwischen den Szenarien vergrössern, zumal die Debatte über den dauerhaften oder temporären Charakter der Lage weitergeht. Die Fähigkeit der SNB, an den Devisenmärkten zu intervenieren, hat sich als wirksames Instrument erwiesen, um die Schweizer Wirtschaft durch die globalen Turbulenzen zu navigieren, und wird den politischen Entscheidungsträgern wahrscheinlich auch in Zukunft Handlungsspielraum und Flexibilität bieten.

Quelle

Geldpolitische Lagebeurteilung der SNB vom September (Geldpolitische Lagebeurteilung vom 23. September 2021 (snb.ch) ).

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