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SNB: Wachsam gegenüber Inflation inmitten tiefgreifender Neuausrichtung der Devisenpolitik
Ungeachtet der Unsicherheit im Bankensektor und mit entschlossenem Fokus auf die Inflation hat die SNB an ihrer letzten Sitzung die Zinsen erhöht. Nachfolgend analysieren wir die jüngsten geldpolitischen Entwicklungen, darunter auch die tiefgreifenden Veränderungen in der Art und Weise, wie die Nationalbank ihre Devisenmarktinterventionen bewertet und kommuniziert.
Gut zu wissen
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Eine aussergewöhnliche Woche für die SNB
Für die Schweizerische Nationalbank (SNB) war es eine denkwürdige letzte Woche, die mit der orchestrierten Fusion von UBS und Credit Suisse begann und mit einer Zinserhöhung von 50 Bp. endete. Während es aufgrund der Sorgen um die Finanzstabilität und die Volatilität an den Finanzmärkten wohl durchaus Argumente für ein langsameres Zinserhöhungstempo gegeben hätte, war es der SNB offensichtlich wichtiger, sich auf die erneut gestiegene Binneninflation und die dadurch notwendigen strafferen Finanzierungsbedingungen zu konzentrieren.
Die Ereignisse rund um UBS und Credit Suisse haben einen gewaltigen Einfluss auf die gesamte Schweiz, wo der Bankensektor einen grossen Anteil der Wirtschaft ausmacht. Im Jahr 2021 waren in der Schweiz etwa 107’500 Menschen bei Bankinstituten beschäftigt, und der Finanzsektor (einschliesslich Versicherungsunternehmen) machte 2021 9,0% des Bruttoinlandsprodukts aus. Nun hatte zwar die Lösung der Probleme um die Credit Suisse den gewünschten kurzfristigen Effekt, doch werden wir künftig genau beobachten, welche Auswirkungen dies auf die Schweizer Wirtschaft hat und wie sich die grössere Unsicherheit im Bankensektor weltweit auswirkt.
Zunächst wollen wir uns aber auf die Entwicklung der Inflation, die Interventionen der SNB am Devisenmarkt und die nächsten Schritte in der Schweizer Geldpolitik konzentrieren.
Inflation jetzt eher „hausgemacht“
Anstatt eine vorsichtigere Gangart einzuschlagen, hat die SNB mit ihrer Zinserhöhung klar signalisiert, dass sie dem deutlich gestiegenen Inflationsdruck in diesem Jahr unvermindert entgegenwirkt. Bei 3,4% liegt die Teuerung in der Schweiz weiter deutlich über dem Zielband von 0% bis 2%, das von der SNB mit Preisstabilität gleichgesetzt wird. Als Ursache für den jüngsten Inflationsanstieg sieht die Nationalbank vor allem höhere Preise für Strom, touristische Dienstleistungen und Nahrungsmittel. Durch einen Teil könnte man zwar «hindurchschauen», doch scheinen hier der SNB die zuletzt stärkeren Zweitrundeneffekte Sorgen zu bereiten.
Einzelne Komponenten der Inflation zeigen, dass Preiserhöhungen inzwischen auf breiterer Basis stattfinden und eher von binnenwirtschaftlichen Faktoren getrieben werden. Der getrimmte Landesindex der Konsumentenpreise (LIK), der diejenigen 15% der Güter im LIK-Warenkorb ausgeklammert, welche die stärksten Preisveränderungen nach oben und nach unten aufweisen, ist zuletzt weiter auf neue Höchststände gestiegen (Abbildung 1). Der getrimmte LIK reagiert weniger stark auf Ausreisser und kann als Signal für Preisbewegungen in einem grösseren Teil des Warenkorbs verstanden werden.
Abbildung 1. Inflationsindizes für die Schweiz
Quelle: Schweizerisches Bundesamt für Statistik, SNB, Berechnungen von LOIM. Stand: Februar 2023.
Unterdessen hat die binnenwirtschaftliche Inflation in der Schweiz deutlich zugenommen, während die Anstiege im vergangenen Jahr noch vorwiegend auf die importierte Teuerung zurückzuführen waren (Abbildung 2). Währungsschwankungen sind für die Preisänderungen bei importierten Waren massgeblich verantwortlich. Im Inland haben aber neben einmaligen Faktoren wie regulierten Preisen zuletzt auchRisiken von Zweitrundeneffekten, wie beispielsweise bei Hotelpreisen, zugenommen.
Abbildung 2. Schweizer Binneninflation im Vergleich zur importierten Teuerung
Quelle: Schweizerisches Bundesamt für Statistik, Berechnungen von LOIM. Stand: Februar 2023.
Tiefgreifende Neuerungen punkto Devisenmarktinterventionen
Während andere Zentralbanken quantitative Straffung über die Anleihemärkte betreiben, ist die SNB die einzige Notenbank, die zu diesem Zweck an den Devisenmärkten interveniert. SNB-Präsident Thomas Jordan sagte beim Mediengespräch letzte Woche, dass die Nationalbank im 4. Quartal Fremdwährungen im Wert von rund CHF 27 Mrd. verkauft habe und auch in Zukunft Devisen verkaufen werde, wenn dies geldpolitisch angebracht sei. Dies war das erste Mal überhaupt, dass die SNB ihre Frankenkäufe an den Devisenmärkten konkret beziffert hat.
Devisenmarktinterventionen sind seit Jahren ein zentrales Element der SNB-Politik, waren aber im konventionellen geldpolitischen Instrumentarium der Nationalbank bisher grundsätzlich nicht explizit enthalten. Das alles änderte sich im vergangenen Jahr, als die SNB nach einer diskreten umfassenden Überprüfung ihres geldpolitischen Konzepts die Umsetzung ihrer Politik anpasste.
Im Geschäftsbericht der Nationalbank ist nun ausdrücklich vorgesehen, dass die SNB „bei Bedarf den Wechselkurs oder das Zinsniveau auch mit zusätzlichen geldpolitischen Massnahmen beeinflussen kann. Damit trägt die Nationalbank der gestiegenen Bedeutung solcher Massnahmen in den letzten Jahren Rechnung.“
Dies ist ein deutlicher Schwenk in der Politik der SNB. Bisher galten Massnahmen wie Interventionen am Währungsmarkt als unkonventionell. Nun hat die SNB zusätzlich die Möglichkeit, den Wechselkurs als längerfristiges Instrument im Rahmen ihrer konventionellen Geldpolitik zu nutzen.
Die Auswirkungen, die sich daraus ergeben, sind von Bedeutung: Die Reduktion der CHF 885 Mrd. schweren SNB-Bilanz um CHF 27 Mrd. mag vergleichsweise unbedeutend erscheinen, wurde aber von einer kaum spürbaren Aufwertung des Schweizer Frankens begleitet, trug dazu bei, die importierte Inflation zu dämpfen, und verheisst Positives für zukünftige Verkäufe von Fremdwährungsbeständen. Mit der Erweiterung ihres geldpolitischen Instrumentariums kann die Nationalbank langfristig mehr Fremdwährungen im Hintergrund verkaufen, ohne ihr Handeln rechtfertigen zu müssen. Damit entfällt auch die Dringlichkeit von Massnahmen, und die SNB kann flexibel Verkäufe (und Käufe) tätigen, ohne sich dabei potenziellem politischen Druck ausgesetzt zu sehen. Wir werten diese Entwicklungen als positiv für einen reibungsloseren Bilanzabbau bei der SNB.
Eine weitere Zinserhöhung im Gegensatz zur SNB-Prognose
Wir rechnen mit einer weiteren Zinserhöhung der SNB im Juni, auch wenn die Inflationserwartungen der Nationalbank ein anderes Bild zeichnen.
So scheinen die jüngsten bedingten Inflationsprognosen der SNB nahezulegen, dass noch einige zusätzliche Zinserhöhungen erforderlich sein könnten, da laut Prognose die Teuerung über den gesamten Horizont nicht unter den oberen Zielwert von 2% sinken wird (Abbildung 3). Es sieht also ganz so aus, als ob auch die aktuelle Geldpolitik es nicht schaffen wird, die Inflation wieder auf den Bereich der Preisstabilität zurückzuführen, und folglich noch mehrere Zinsstraffungen erforderlich sein könnten. Sich die Möglichkeit für mehrere Zinsanstiege offen zu halten, könnte aber auch signalisieren, dass die SNB glaubt, die Währung müsse noch stärker zur Inflationsdämpfung beitragen.
Abbildung 3. Bedingte Inflationsprognosen der SNB
Quelle: SNB, Berechnungen von LOIM. Stand: März 2023.
Mit Blick auf die Zukunft erwarten wir, dass sich die Inflation in der Schweiz mittelfristig abschwächt und dass von den globalen Konjunkturaussichten und der Finanzstabilität weiterhin Risiken für die Binnenwirtschaft ausgehen. Was die Credit Suisse betrifft, so konnte hier erst einmal eine Lösung gefunden werden. Darüber darf jedoch nicht vergessen werden, dass sich mit der aufkommenden Digitalisierung die Anforderungen an Banken wesentlich geändert haben. Dabei kann es deutlich schneller als bisher zu einem verstärkten Druck auf die Bankenliquidität kommen, was für einige Institute tiefgreifende Folgen hätte. Gleichzeitig hat sich aber auch die allgemeine Stabilität des gesamten Bankensystems verbessert: Das Ansteckungsrisiko ist seit der Finanzkrise von 2008 deutlich gesunken, da die Banken mittlerweile besser kapitalisiert sind und grössere Liquiditätspuffer haben.
Wichtigstes Fazit: Wir halten im aktuellen Umfeld ein vorsichtiges Agieren für entscheidend und erwarten, dass die SNB im Juni die Zinsen erneut erhöhen wird. |
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