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Strategische Impulse für nachhaltige Energie in Europa

Strategische Impulse für nachhaltige Energie in Europa
Erika Karolina Wranegard - Portfolio Manager, Fixed Income

Erika Karolina Wranegard

Portfolio Manager, Fixed Income

Energiesicherheit ist auf der politischen Agenda Europas in letzter Zeit nach oben gerückt. Dies unterstützt die Umstellung auf CO2-arme Energien. Hohe Metallpreise könnten die Entwicklung kurzfristig hemmen. Doch die Regierungen streben weiterhin eine saubere Zukunft an, und die Europäische Zentralbank arbeitet an einer „grüneren Ausrichtung“ ihres geldpolitischen Rahmens.

Dieser Bericht, der die übergeordneten umweltpolitischen Initiativen der EU und ihre Auswirkungen für den Markt untersucht, bildet den Abschluss unserer jüngsten Quartalsanalyse der globalen Anleihenmärkte, Alphorum. In den bisherigen Berichten dieser Reihe konzentrierten wir uns darauf, welche Szenarien sich aus dem aktuellen Marktschock für die Anleihenmärkte ergeben könnten. Ausserdem fragten wir, was der Kampf der Zentralbanken gegen die Inflation für die Anleihenmärkte der Industrieländer bedeutet und wie sich die neue Dualität im Universum der Staatsanleihen von Schwellenländern auswirkt. Zudem zeigten wir Chancen bei Kredittiteln in diesen volatilen Zeiten sowie Lektionen aus früheren Ölschocks auf.

 

Gut zu wissen

  • Durch die jüngsten geopolitischen Entwicklungen in der Ukraine wurde Energiesicherheit zu einer Priorität, vor allem für die Europäische Union.

  • Das Angebot an wichtigen Rohstoffen könnte den Ausbau erneuerbarer Energien zwar kurzfristig hemmen, doch langfristig wird der Konflikt die Energiewende unserer Meinung nach beschleunigen.

  • Die politischen Entscheidungsträger in Europa haben ihr Eintreten für das Netto-Null-Ziel durch die Regulierung und die Geldpolitik untermauert. Daher dürften die höheren Investitionen von Staaten und Unternehmen auf eine nachhaltige Zukunft ausgerichtet sein.

 

Hemmnisse für erneuerbare Energien, doch die langfristigen Aussichten sind gut

Kurzfristig gibt es zweifellos einige Hemmnisse für erneuerbare Energien. Sowohl Russland als auch die Ukraine sind wichtige Lieferanten von Übergangsmetallen für die Energiewende. Dazu gehören Kupfer, Nickel, Lithium und Aluminium, die für die Herstellung grüner Technologien verwendet werden, zum Beispiel für Windturbinen, Solaranlagen und – angesichts des stark gestiegenen Absatzes von Elektrofahrzeugen in den letzten 18 Monaten besonders wichtig – Antriebsbatterien. (Russland produziert auch ein Drittel des weltweit verbrauchten Palladiums, das zur Reduzierung der Emissionen traditioneller Verbrennungsmotoren verwendet wird.) Das Angebot der meisten dieser Rohstoffe konnte bereits zuvor kaum mit der Nachfrage mithalten. Daher waren die Preisausschläge bei einigen dieser Materialien nahezu ebenso stark wie bei Erdgas. Da der Krieg das Angebot nach wie vor beeinträchtigt, dürften die Hersteller von erneuerbaren Technologien unter höheren Faktorkosten leiden, während sie ihre bestehenden Aufträge erfüllen müssen.

Zur gleichen Zeit führt die Besorgnis über die Energiesicherheit nicht nur zur Umleitung der Versorgungslinien für fossile Brennstoffe, sondern fördert auch ein erneutes Interesse an bisher abgeschriebenen Energielösungen. Zugegebenermassen besteht dabei das Risiko, dass bisher aus finanziellen oder Reputationsgründen nicht tragfähige fossile Projekte wieder auf den Plan rücken. Langfristig dürfte die Notwendigkeit der Energiesicherheit den Umstieg von fossilen zu erneuerbaren Energien in vielen Ländern jedoch beschleunigen und die grüne Agenda vorantreiben.

 

Reduzierung der Unsicherheit durch Politik und Regulierung

Die Europäische Union (EU) hat ihre Entschlossenheit bekräftigt, die Netto-Null-Pläne so schnell wie möglich voranzutreiben. Am 8. März legte die Europäische Kommission einen Entwurf für REPowerEU vor. Dieser gemeinsame Aktionsplan für bezahlbarere, sicherere und nachhaltigere Energie soll die EU-Nachfrage nach russischem Gas in diesem Jahr um 41% senken, wie die Internationale Energieagentur schätzt. Bei der Vorstellung des Plans erklärte die Präsidentin der Kommission Ursula von der Leyen, Ziel sei es, den „Übergang zu sauberer Energie zu beschleunigen“. Hierzu sei ein schnellerer Umstieg auf erneuerbare Energien und Wasserstoff nötig. Eine Woche später vereinbarten die Wirtschaftsminister der 27 EU-Länder die Einführung des vorgeschlagenen CO2-Grenzausgleichssystems (Carbon Border Adjustment Mechanism, CBAM). Dabei handelt es sich effektiv um einen Zoll auf Importe von Produkten aus Ländern, in denen es billiger ist, die Umwelt zu verschmutzen.

Diese Ankündigungen setzen auf einer Reihe bestehender europäischer Initiativen auf, die darauf ausgerichtet sind, Nachhaltigkeit von einer Ambition zur Realität zu machen. Die fünf EU-Missionen, die im Vorfeld zur Klimakonferenz COP26 formell auf den Weg gebracht wurden, umfassen eine Verpflichtung zur Schaffung von 100 klimaneutralen Städten bis 2030 sowie Pläne zur Sanierung der europäischen Meere und Gewässer und zur Einrichtung von 100 „Living Labs“, um die Wiederherstellung von gesunden Böden bis zum gleichen Termin voranzutreiben.

Die Europäische Zentralbank (EZB) initiierte unterdessen im Januar einen Stresstest, der in der ersten Hälfte des Jahres 2022 durchgeführt werden soll. Damit soll beurteilt werden, wie gut europäische Banken vorbereitet sind, um potenzielle Schocks aus Klimarisiken zu bewältigen. Die EZB beschrieb dies als „Lernerfahrung“ für Banken und Aufsichtsbehörden gleichermassen. Die Ergebnisse sollen im Juli 2022 veröffentlicht werden. Neben dem eigentlichen Stresstest umfasst die Aktion auch eine Benchmark-Analyse mit vergleichbaren Banken, um die Tragfähigkeit ihrer Geschäftsmodelle und ihr Engagement in emissionsintensiven Unternehmen zu untersuchen. Da die Politik und die Regulierung in Europa stark auf Nachhaltigkeit abzielen, dürften auf Netto-Null-Ziele ausgerichtete Unternehmen von vorteilhafteren Finanzierungsbedingungen und geringeren Kapitalanforderungen profitieren.

 

In die neue Realität investieren

Wie an anderer Stelle in Alphorum erwähnt, besteht ein starker Trend zu höheren Unternehmensinvestitionen und Staatsausgaben. Ein grosser Teil davon wird der Anpassung an den grünen Wandel dienen. Sektoren, in denen die Umstellung schwieriger ist, wie die Stahlproduktion, die Bauwirtschaft und der Schwermaschinenbau, werden in die Entwicklung effizienterer Prozesse und die Erforschung alternativer Materialien investieren. Mehr Investitionen in Recycling und die Entwicklung der Kreislaufwirtschaft werden unterdessen zur Dematerialisierung beitragen und sowohl die Emissionen als auch die Faktorkosten senken – vor allem, da die Gesetzgebung zunehmend gegen den Einsatz von Neumaterialien gerichtet ist. Ein weiterer umweltfreundlicher Trend, der durch die verstärkte Notwendigkeit, die Versorgungssicherheit sicherzustellen, angetrieben wird, ist das Onshoring, also die Rückholung von Produktionsschritten ins eigene Land. Aufgrund der fortgesetzten weltweiten Lieferkettenprobleme ist dies für viele Unternehmen bereits ein immer wichtigerer Fokus.

 

Grüne Ausrichtung von Anleihenkäufen

Speziell im Hinblick auf das Universum der festverzinslichen Anlagen hat die EZB ihre Absicht bekräftigt, ihren geldpolitischen Rahmen „grüner“ auszurichten. Eine zentrale Frage, mit der sich die Zentralbank jetzt auseinandersetzen muss, da sie sich zu einer gewissen quantitativen Straffung verpflichtet hat, lautet, wie sie die Geldpolitik auf die Ziele des Übereinkommens von Paris ausrichten kann, während sie die Anleihenkäufe reduziert. Isabel Schnabel, Mitglied im Direktorium der EZB, gab in einer Rede am 17. März einige klare und willkommene Hinweise zu diesem Thema. Sie wies darauf hin, dass zwar die Grösse des Zentralbankportfolios rein von geldpolitischen Erwägungen bestimmt werde, aber nicht seine Zusammensetzung.

„Wenn wir entschieden haben, wie der Grundsatz der Marktneutralität, der unsere Anleihenkäufe derzeit leitet, angepasst werden sollte, könnten wir unser Portfolio aktiv auf die Pariser Ziele ausrichten“, erklärte sie. „Wenn die Märkte die mit dem Klimawandel verbundenen Risiken falsch bewerten, wäre eine Allokation nach dem Grundsatz der Marktneutralität einer effizienten Ressourcenallokation nicht dienlich.“

Die Botschaft für Unternehmen, Banken und Anleger ist eindeutig – die EU richtet den Fokus stärker auf eine nachhaltige Zukunft als je zuvor. Sie sollten das auch tun.

 

Mehr über unsere festverzinslichen Strategien erfahren Sie hier.

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