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Wie geht es weiter mit der Schweizer Wirtschaft?

Wie geht es weiter mit der Schweizer Wirtschaft?
Markus Thöny - Head of Swiss Fixed Income

Markus Thöny

Head of Swiss Fixed Income
Philipp Burckhardt, CFA - Fixed Income Strategist and Portfolio Manager

Philipp Burckhardt, CFA

Fixed Income Strategist and Portfolio Manager

Die Inflation in der Schweiz verlangsamt sich, aber in der Wirtschaft herrscht noch immer grosse Unsicherheit. Was verrät uns die letzte geldpolitische Sitzung der Schweizerischen Nationalbank über die Aussichten?

 

Gut zu wissen:

  • Als die Schweizerische Nationalbank (SNB) entschied, die Zinsen unverändert zu lassen und ihre bedingten Inflationsprognosen zu senken, war der Markt überrascht. Die geldpolitischen Entscheidungsträger kündigten zudem neue Massnahmen an, um den Banken Liquidität zur Verfügung zu stellen
  • Die SNB handelt unabhängig und setzt darauf, dass die Kraft des Unerwarteten die Wirkung ihrer Politik verstärkt
  • Trotz grosser Unsicherheit geht unser Basisszenario davon aus, dass die SNB die Zinserhöhungen nun beendet, sofern kommende Daten kein anderes Vorgehen erfordern 

 

Sinkende Inflation stabilisiert die Zinsen

Die SNB verzichtete an ihrer Sitzung im September auf eine Straffung ihrer Geldpolitik. Dieser Entscheid mag die Märkte überrascht haben, bekräftigte aber die Prioritäten der Notenbank. Die Wirtschaft hat unserer Ansicht nach offenbar das obere Ende dieses Zyklus erreicht, auch wenn die SNB eine weitere Straffung nicht ausschliesst. 

Viele hatten erwartet, dass die SNB – wie die Europäische Zentralbank (EZB) zuletzt – die Zinsen um 25 Basispunkte anheben würde. Stattdessen beliess die SNB die Zinsen unverändert bei 1,75% und erklärte, dass die jüngste Straffung dem Inflationsdruck bereits entgegengewirkt habe. Sie betonte, dass ihre Prognosen für die Schweizer Wirtschaft einer „grossen Unsicherheit“ unterliegen. Dennoch passte die SNB auch ihre neue bedingte Inflationsprognose ganz leicht – aber doch sehr signifikant – an, vor allem am längeren Ende. Die SNB erwartet nun, dass die Inflation von aktuell 1,9% bis September 2025 unter ihrem 2%-Ziel bleibt. Damit hätte sie ihren Auftrag zur Preisstabilisierung erfüllt. Zuvor war die SNB von einer Inflation von 2,1% innerhalb dieses Zeithorizonts ausgegangen.

Die Aussagen der Bank deuten für uns darauf hin, dass sie erstens ihre Glaubwürdigkeit bei der Inflationsbekämpfung untermauern und zweitens ihre Bilanz verkürzen will. Vorläufig hat die Inflation für die SNB Priorität gegenüber allen anderen Indikatoren. Tatsächlich sank die Inflation in der Schweiz in den letzten Monaten erheblich und lag im August bei nur noch 1,6%. Andere Inflationskennzahlen für die Schweiz wie der Kern- und der getrimmte Verbraucherpreisindex (VPI) sanken ebenfalls stark und sind niedriger als in anderen grossen Volkswirtschaften.

Die Bank blieb bei ihren Aussagen zu Interventionen am Devisenmarkt und erklärte, sie werde weiter aktiv agieren und hauptsächlich Fremdwährungen verkaufen. Es wird mehrere Monate dauern, bis die aktuelle Geldpolitik ihre Wirkung auf die Wirtschaft entfaltet. Deshalb kann die SNB ihren Fokus nun auf die Währung legen und ihre Bilanz weiter sukzessive reduzieren.
 

Einkaufsmanagerindizes driften auseinander

Neben dem Rückgang der VPI-Inflation driften in der Schweiz und weltweit die Einkaufsmanagerindizes (PMIs) für das verarbeitende Gewerbe und den Dienstleistungssektor auseinander. Dies verdeutlicht die Unsicherheit der Indikatoren. Abbildung 1 zeigt die Schwäche im verarbeitenden Gewerbe, während sich der Dienstleistungssektor besser behauptet – eine Situation, die an Mitte 2019 erinnert.


Abbildung 1. Divergenz zwischen Schweizer PMIs für Dienstleistungssektor und verarbeitendes Gewerbe

 

 

 

Quelle: Credit Suisse, procure.ch. Nur zur Veranschaulichung. Ab September 2023.


Woher kommt diese Divergenz? Das verarbeitende Gewerbe ist das Rückgrat der abflauenden Wirtschaft und wird das Ende der akkommodierenden Geldpolitik widerspiegeln. Auf den Dienstleistungssektor hat diese Verlangsamung aber noch keine Auswirkungen. Denn die Verbraucher kaufen noch immer Dienstleistungen wie etwa Urlaubsreisen, auf die sie während der Covid-19-Pandemie verzichten mussten. Dienstleistungen reagieren insgesamt weniger sensibel auf Preiserhöhungen, und die Schwelle für die Dämpfung der Verbraucherausgaben liegt höher. 

Das restriktive finanzielle Umfeld wird sich jedoch zunehmend auf das Verbraucherverhalten auswirken und über Zeit die angehäuften Sparüberschüsse aufzehren. Deshalb sehen wir die Gefahr, dass die Entwicklung im Dienstleistungssektor und im verarbeitenden Gewerbe sich in nächster Zeit wieder stärker annähern könnte. 
 

Liquidität gegen Hypotheken

Nach den Turbulenzen bei mittelgrossen US-Banken und dem Zusammenbruch der Credit Suisse ist die Bereitstellung von Liquidität in der Schweiz ein wichtiges Thema. Da Banken schnell grosse Mengen an Liquidität benötigen können, hat die SNB ein neues Programm vorgestellt. Damit will sie Schweizer Banken, die die erforderlichen Vorbereitungen getroffen haben, gegen Hypotheken als Sicherheit Liquidität zur Verfügung stellen. 

Der Schwerpunkt liegt dabei auf Hypotheken, weil diese nach Aussage der SNB „die bei Weitem bedeutendste illiquide Bilanzposition im Bankensystem“ sind. Zudem hat die SNB ein digitales Verfahren für standardisierte Überweisungen entwickelt. Die Bank sieht dies als Beitrag zur weiteren Förderung der Digitalisierung und Effizienz im Bankwesen.
 

Eine unabhängige SNB, die überrascht

Zwei Aspekte des Vorgehens der SNB stechen unseres Erachtens hervor. Sie agiert unabhängig von anderen Notenbanken und setzt auf ein Überraschungsmoment, um die Wirkung ihrer geldpolitischen Ankündigungen zu verstärken. 

Selbstverständlich hat der globale Kontext Einfluss auf die SNB, doch bei der Festlegung ihrer Geldpolitik handelt sie in hohem Masse unabhängig. So hob die SNB die Zinsen erstmals im Juni 2022 an und kam damit dem Straffungszyklus der EZB zuvor. Ebenso sah die SNB keine Notwendigkeit, nach der letzten Zinserhöhung der EZB in diesem Monat nachzuziehen. Dies verdeutlicht unseres Erachtens, dass sie mit ihrer Geldpolitik das Vorgehen anderer Notenbanken nicht automatisch nachbildet. 

Ausserdem kommuniziert die SNB mit dem Markt anders als andere Notenbanken. Die US-Notenbank zieht es beispielsweise vor, die Markterwartungen und -kurse vor einer Entscheidung zu steuern, um die Reaktion des Marktes abzuschwächen. Dagegen kann die SNB durchaus unerwartete Entscheidungen wie die überraschende Aufhebung der Kopplung des Schweizer Franken an den Euro im Januar 2015 treffen. Auf diese Weise nutzt sie deutliche Neubewertungen am Markt als zusätzliches Instrument, um ihre geldpolitischen Ziele zu erreichen. Die SNB lässt keine Notwendigkeit erkennen, die Markterwartungen allzu präzise zu steuern. Wir gehen davon aus, dass sie die Inflation im Wesentlichen weiterhin durch proaktives Handeln bekämpfen wird, statt detaillierte Prognosen abzugeben.
 

Neues Direktoriumsmitglied

Die SNB kündigte an, dass Antoine Martin ab Januar 2024 als neues Mitglied dem Direktorium der SNB angehören und in dieser Funktion Andréa Maechler ablösen wird. Die Ernennung des französischsprachigen Martin stellt die Vertretung des frankophonen Teils der Schweiz sicher. Er verbrachte einen grossen Teil seiner beruflichen Laufbahn bei US-Notenbanken und könnte auch die Kritik widerlegen, die SNB habe einen zu „insularen“ Charakter. Das Direktorium der SNB hat nur drei Mitglieder. Dadurch ist der Einfluss der einzelnen geldpolitischen Entscheider in der Schweiz grösser als in anderen Notenbanken der Welt mit mehr Direktoriumsmitgliedern.
 

Ende der Zinserhöhungen – wenn die Daten es zulassen

Im aktuellen Umfeld hat die SNB den Zinserhöhungszyklus unseres Erachtens vorerst beendet. Sollte die Inflation bis Dezember wieder steigen, könnte die SNB die Zinsen noch einmal anheben. Das wird jedoch voll und ganz von den Daten abhängen. Wir betrachten die aktuelle Haltung der SNB eher als Zinsstopp denn als Zinspause, vor allem angesichts unseres verhalteneren Ausblicks für die Weltwirtschaft.

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